Ehemalige Förderprojekte

Projekt Urfa: Göbekli Tepe und Gürcütepe

1. Projekt Urfa, Türkei
ArchaeNova-Projekt 1995–2014 mit folgenden Grabungen:
Projektleitung: Prof. Klaus Schmidt († 2014)

a) Göbekli Tepe, Grabung seit 1995 (Förderung bis 2014)
Der Göbekli Tepe liegt auf einem Kalkhügelrücken, der die Harranebene (Harran bekannt durch die Bibel als die Stadt Abrahams) nach Norden begrenzt. Nach Süden öffnet sich der Blick weit in die syro-mesopotamische Ebene, im Westen liegt die Provinzhauptstadt Urfa (heute Sanliurfa), im Osten ein karges Hügelland, und im Norden eine weitere fruchtbare Ebene mit den Bergen des südlichen Osttaurus am Horizont. Der Ort bietet somit eine freie Sicht nach Süden, Osten und Norden. Auf dem ca. 15 ha großen Plateau erstrecken sich die Baubefunde über ca. 9 ha. Fünf Hügel mit einer Schichtenmächtigkeit bis zu 15 m markieren das Siedlungsareal. Das Kalksteinplateau ist übersät mit den Spuren der Steingewinnung für den Bau der Anlagen. Vereinzelt finden sich halbfertig bearbeitete Pfeiler noch an Ort und Stelle. In den Grabungsarealen wurden verschiedene runde Anlagen mit monumentalen, teils reich skulptierten Pfeilern ausgegraben. Damit ergeben die bisherigen Grabungen seit 1995 das Bild eines bedeutenden zentralen Heiligtums der Jäger und Sammler des 10.–9. Jahrtausends v. Chr. Vorderasiens an der Schwelle zur Ackerbaugesellschaft.
Zwei steinzeitliche Schichten sind unterscheidbar: Schicht II besitzt eine rechteckige Bebauung mit kleineren, unter 2m hohen T-Pfeilern. Sie gehört ins 9. Jahrtausend. Die darunter liegende Schicht III des 10. Jahrtausends erbrachte mehrere ovale bis runde Anlagen (A-F) mit großen, bis 5m hohen T-Pfeilern, die überwiegend mit Tierreliefs geschmückt sind. Schlangen, Füchse, Wildschweine und Vögel dominieren die bisher aufgefundenen Pfeiler, domestizierte Tiere fehlen völlig. So erhielt Anlage A die Bezeichnung “Schlangenpfeilergebäude”, Anlage B ist als “Fuchspfeilergebäude” bekannt, Anlage C ist die “Wildschweinpfeileranlage”, in Anlage D ist fast ein zoologischer Garten mit Stieren und Schlangen, Füchsen und Keilern, Kranichen, Gazellen und Wildeseln. Aus verschiedenen Überlegungen heraus ist wahrscheinlich, dass die Anlagen nicht überdachte Steinkreise waren, die man sich ähnlich wie das 6000 Jahre jüngere Stonehenge in Südengland vorstellen muss. Die Steinkreise dürften eine wichtige Rolle im religiösen Leben der Jäger gespielt haben, sei es bei Initiationsriten, sei es bei Bestattungsfeierlichkeiten.
Die Schicht III mit ihren großen Pfeileranlagen wurde wohl in der Zeit des Übergangs zum Ackerbau durch die damaligen Menschen rituell beerdigt, indem sie mit bis zu 5m mächtigen Füllschichten bedeckt wurden.

b) Gürcütepe, Grabungen 1995–2000
Am östlichen Rand von Urfa liegen auf einer Fläche von ca. 15 ha mehrere, teils als Siedlungshügel ausgebildete Siedlungsflächen, die ins vorkeramische und ins frühe keramische Neolithikum datieren. Beide Zeitphasen liegen nicht übereinander, sondern eng benachbart nebeneinander. Das als Gürcütepe benannte Gebiet ist durch das Wachstum der Stadt Urfa stark gefährdet. Deshalb fanden dort in der Zeit von 1995 bis 2000 Oberflächenbegehungen und Grabungen statt, die die einzelnen Siedlungsareale datieren, ihre Schichtenmächtigkeit feststellen und Baubefunde dokumentieren konnten. In den Grabungsschnitten gelang es, die Grundrisse mehrerer steinzeitlicher Häuser freizulegen, dazu Bestattungen und zahlreiche Kleinfunde. Die Tierknochen zeigen Domestikationserscheinungen, unter den Pflanzen ist Getreide belegt. Die Bewohner des Gürcütepe waren also bereits sesshafte Bauern.

Die Grabungen des Projekts Urfa werden vom Museum Urfa und dem Deutschen Archäologischen Institut durchgeführt. Die Unterstützung durch ArchaeNova trug maßgeblich zum Erfolg des Projektes bei.

 

externer LINK

Deutsches Archäologisches Institut (DAI): Projekt Göbeklitepe, Grabung Gürcütepe

 

Medeon (GR)

2. Projekt Medeon, Griechenland
ArchaeNova-Projekt 1995–1997
Projektleitung: Dr. Kalliope Sarri

 

Während der mykenischen Epoche in Griechenland gehörte Böotien in Mittelgriechenland zu einem Kerngebiet der mykenischen Kultur. Hier befand sich damals der Kopaissee, der bereits in mykenischer Zeit mittels umfangreicher wasserbautechnischer Maßnahmen trocken gelegt wurde. Dies trug wahrscheinlich zur Machtstellung des mykenischen Orchomenos bei. Am Südrand des ehemaligen Kopaissees liegt der Siedlungsplatz Medeon - Kastraki mit einem mykenischen Gräberfeld. Von hier gehen Kanäle, Dämme und andere wasserbautechnische Anlagen aus, deren Datierung im Zentrum der archäologischen Fragestellung standen – es war vermutet worden, dass die Anlagen bereits in vormykenischer Zeit angelegt wurden und damit die Trockenlegung des Kopais-Sees bereits in vormykenischer Zeit begonnen hatte. Dies sollte geklärt werden. Darüber hinaus waren Siedlungsplatz und Gräberfeld von Raubgrabungen bedroht. Die archäologischen Untersuchungen der Kampagnen 1995 und 1996 galten vor allem den Kulturschichten der Früh- und Mittelbronzezeit und sollte die Baustrukturen auf dem Hügel aufnehmen. Das von der Ephorie Theben durchgeführte und von ArchaeNova geförderte Projekt wurde 1997 mit einer Aufarbeitungskampagne abgeschlossen.

Ain Ghazal (JOR)

3. Ain Ghazal, Jordanien
ArchaeNova-Projekt 2000–2002
Projektleitung: Prof. Dr. Gary Rollefson

 

Seit 1982 konnten Prof. Dr. Gary Rollefson, damals Harvard University´s Peabody Museum (USA) und Prof. Zeidan Kafafi, Yarmuk University Amman, Rettungsgrabungen in der von Bauarbeiten bedrohten neolithischen Siedlung von Ain Ghazal durchführen. Um 7250 v. Chr. wurde diese Siedlung von auf die saisonale Jagd auf Gazellenherden spezialisierten Jägern, die daneben Ackerbau betrieben, gegründet. Die Siedlung wuchs im Verlauf der nächsten zwei Jahrtausende auf ca. 14 ha Größe an und beherbergte bis zu - geschätzt - 2000 Bewohner. Aus der ersten Periode der Besiedlung bis ca. 6000 v. Chr. sind spektakuläre Funde aus dem Bereich von Kult und Totenbrauchtum bekannt. So wurden wie in Jericho Schädel ausgewählter Personen entfleischt, die Gesichtspartien mit Gips nachgebildet und danach bemalt. Herausragende Funde stellen 30 bemalte Gipsstatuetten in der Größe von 35 – 90 cm dar. Um 6000 v. Chr. lässt sich ein Bevölkerungsrückgang beobachten, verursacht wohl durch Übernutzung des Ackerlandes. Gleichzeitig steigt die Bedeutung der Viehzucht, die wohl zu einer halbnomadischen Lebensweise führte. Um 5500 v. Chr. sind frühe Stadtplanungsmaßnahmen zu beobachten. So wird eine befestigte, 2,5 m breite Straße den Hang hinauf gebaut. Kurz nach 5000 v. Chr. wird die Siedlung endgültig verlassen.
Seit 1993 existierte der Verein der Freunde von Ain Ghazal, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, Ausgrabungen, Dokumentation und Publikation von Ain Ghazal zu finanzieren und mit dem Ankauf von Land einen Teil des wichtigen Fundortes vor der Zerstörung zu bewahren. Dieser Verein schloss sich 1998 dem Verein ArchaeNova an und ging schließlich in ihm auf.

 

Gary O. Rollefson, Allan H. Simmons, Zeidan Kafafi:

Neolithic Cultures at ʿAin Ghazal, Jordan. (PDF; 5,6 MB) Journal of Field Archaeology 19/4, 1992, S. 443–470.


Pietrele (RU)

4. Pietrele, Rumänien
ArchaeNova-Projekt 2003–2007
Projektleitung: PD Dr. Svend Hansen und Dr. Agathe Reingruber

Die Einführung des Kupfers als Werkstoff für Geräte und Waffen im fünften vorchristlichen Jahrtausend bedeutete für die neolithischen Gesellschaften Europas eine tiefgreifende Umstrukturierung ihrer Ökonomie und ihrer Sozialstrukturen. Der Südosten Europas wurde in besonderer Weise von den durch das Metall ausgelösten Veränderungen erfasst.
Pietrele ist ein kupferzeitlicher Siedlungshügel im Süden Rumäniens (Muntenien), etwa 60 km südlich von Bukarest in der an dieser Stelle sehr breiten Donauebene. Der beinahe 10 m hohe Hügel liegt eindrucksvoll in der Landschaft: nach Westen und Osten blickt man weit ins Donautal. Seine Anlage lässt darauf schließen, dass der Wohnhügel eine Rolle in überregionalen Austauschprozessen spielte. Mit der systematischen Erforschung des Siedlungshügels bestanden die Ziele der Grabung in der Schaffung von “Grundlagen” unter Einbeziehung naturwissenschaftlicher Disziplinen.
Zur Erlangung der genannten Ziele wurde der Siedlungshügel systematisch durch große zusammenhängende Ausgrabungsflächen erforscht, die in den beiden Grabungskampagnen von 2002 und 2004 angelegt wurden. In Verbindung mit naturwissenschaftlichen Untersuchungen konnte erstmals ein umfassendes Bild der Wirtschaftsaktivitäten in einer Siedlung des 5. Jahrtausends v. Chr. an der Unteren Donau gezeichnet werden .
2004 konnte durch eine geomagnetische Prospektion nicht nur der Siedlungsplan mit parallelen Hausreihen, sondern auch die unmittelbare Umgebung mit einem als Gräberfeld zu interpretierenden Bereich erschlossen werden. Somit wurden 2005 gezielt Hauseinheiten freigelegt, die eine Analyse der räumlichen Organisation der Tellsiedlung ermöglichen.
Die Grabung Pietrele ist ein Gemeinschaftsprojekt der Eurasien-Abteilung des DAI (Deutsches Archäologisches Institut), dem archäologischen Institut der Rumänischen Akademie der Wissenschaften in Bukarest und dem Institut für Archäologische Wissenschaften, Abteilung Ur- und Frühgeschichte in Bochum. Seit 2004 fördert die DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) die auf fünf Jahre angelegte Ausgrabung. ArchaeNova unterstützte dieses Projekt von 2003–2007.

 

externer LINK:

Deutsches Archäologisches Institut (DAI): Projekt Pietrele


Text: Christoph Gerber, Karl-Heinz Halbedl. Seitenbearbeiter: Christoph Gerber, Karl-Heinz Halbedl