Lehrgrabung Haßloch  August bis Oktober 2021

Bick auf die Grabungsfläche (Foto Archiv Halbedl)
Bick auf die Grabungsfläche (Foto Archiv Halbedl)

Ende August bis Anfang Oktober 2021 (30.08.2021 – 08.10.2021) hatten die Mitglieder von ArchaeNova e. V. Gelegenheit, an der Lehrgrabung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie der Universität Heidelberg und des Instituts für Klassische Archäologie und Byzantinische Archäologie der Universität Heidelberg unter der Leitung von Dr. Carsten Casselmann (Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie Heidelberg) in Haßloch (Kreis Bad Dürkheim/Vorderpfalz) teilzunehmen.

Foto Archiv Halbedl
Foto Archiv Halbedl

Hier konnte die Anlage eines Planums (Anlage einer horizontalen Fläche) mit Schaufeln, Kratzern und eventuell mit Kellen, das senkrechte Schneiden von Befunden (Ausgraben der einen Hälfte des Befundes, um Profilansicht des Befundes zu erhalten), Zeichnen, Fund- und Befundbeschreibung, Vermessen, Nivellieren, Erkennung von Befunden, die Dokumentation der gemachten Funde und Befunde (Fundkontext, Verfärbungen, Fundverwaltung) usw., kurz alles, was für eine Ausgrabung wichtig ist, gelernt und eingeübt werden. Einige von uns haben diese Möglichkeit genutzt.

 

Foto Archiv Halbedl
Foto Archiv Halbedl

Haßloch ist ein seit 1983 bekannter Fundplatz der sogenannten, nach ihrer bandförmigen Ritzverzierung in der Keramik benannten Linearbandkeramischen Kultur (5300 – 4900 v. Chr. (Pfalz)), bei uns im süddeutschen Raum die Kultur der ersten Ackerbauern (Pflanzenanbau/Tierhaltung). An Pflanzen wurden damals die Weizenarten Emmer und Einkorn, daneben Hülsenfrüchte angebaut. Schwein, Rind, Schaf, Ziege und Hunde besaßen die Träger der Bandkeramischen Kultur als Haustiere, wobei die Zähmung des Hundes dem Menschen schon in der Altsteinzeit gelungen war. Wichtige Werkzeuge waren Querbeile (Dechsel) für die Holzbearbeitung und Holzgewinnung, Klingen (Sicheln), Schaber und Spitzen (Pfeile) aus Feuerstein. Die typische bandkeramische Keramikform ist der rundbodige Kumpf. Was die Bestattungsformen angeht, so sind allgemein für die bandkeramischen Kultur sowohl Körpergräber als auch Brandgräber in Siedlungen und Gräberfeldern nachgewiesen.

Nach Foto der Zeichnung von Dr. Carsten Casselmann auf einer Tafel in Haßloch
Nach Foto der Zeichnung von Dr. Carsten Casselmann auf einer Tafel in Haßloch

Der bandkeramische Siedlungsplatz befindet sich am östlichen Rand von Haßloch, im Bereich der Flur "Am Kirchenpfad". 1998 (Kindergartengelände nördlich der Siedlung/keine LBK-Funde), 2002, von 2008 – 2009, 2011 – 2014, 2017, 2019 und auch in diesem Jahr 2021 fanden hier von der Gemeinde Haßloch unterstützte Grabungen statt, 2002 durch die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland Pfalz Direktion Landesarchäologie Außenstelle Speyer (GDKE), die weiteren Grabungen in Form von Lehrgrabungen durch das Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie der Universität Heidelberg in Kooperation mit der GDKE Speyer. Die Grabungskampagne 2021 wurde zusätzlich in Kooperation mit dem Institut für Klassische Archäologie und Byzantinische Archäologie der Universität Heidelberg durchgeführt.

 

Die Bedeutung des Fundplatzes in Haßloch beruht auf der Tatsache, dass Haßloch einer der wenigen Siedlungsplätze der Bandkeramik in der Pfalz mit Hausbefunden ist, an denen umfangreichere Ausgrabungen stattgefunden haben. Allgemein kann die Länge eines einst aus Flechtwerkwänden bestehenden Bandkeramischen Hauses zwischen ca. 20 und 45/50 m und die Breite ca. 5 – 8 m betragen. Je nach Forschungsmeinung wird die Anzahl der Bewohner eines solchen Hauses zwischen 8 bis 20 Personen geschätzt. Neben Abfallgruben, wohl Längsgruben und Pfostengruben der einstigen Langhäuser der Träger der Bandkeramischen Kultur, wurden bislang u. a. Silexgeräte, Tierknochen, möglicherweise bandkeramische Menschenknochen, Hüttenlehm, Reibesteine, Klopfsteine, ehemalige Feuerstellen, bandkeramische Keramik, 2 Hockergräber bislang unbekannter Zeitstellung und das Bruchstück einer Tonplastik (Tier?) gefunden. Teilweise traten im Lauf der Jahre auch römische Keramikscherben, mesolithische Funde, bronzezeitliche und neuzeitliche Funde zutage. In Haßloch wurden auch Gräber der frühbronzezeitlichen Adlerberggruppe gefunden.

Foto Archiv Memmel
Foto Archiv Memmel

An dem Verlauf der Pfostengruben kann man die ehemaligen Häuser erkennen, wobei dies teilweise schwierig ist, weil sich bandkeramische Häuser verschiedener Zeitstellung überlagerten.

Die in Haßloch nachgewiesenen bandkeramischen Langhäuser verschiedener Zeitstellung besitzen eine Nordwest-Südost-Ausrichtung.

Der Boden in Haßloch ist in seiner Färbung ziemlich gleichartig, so dass die jeweiligen Kulturschichten teilweise schwierig zu unterscheiden sind. Außerdem erschweren der hohe Grundwasserspiegel in Haßloch und durch den hohen Grundwasserspiegel hervorgerufene Eisen- und Kalkausfällungen das Ausgraben.

Der für bandkeramische Siedlungsplätze typische Lössboden fehlt in Haßloch, jedoch ist mit einer in der Vergangenheit existierenden dünnen Lössschicht zu rechnen. Die bandkeramische Siedlung in Haßloch liegt jedoch am Rande einer Lössfläche (ca. 500 m entfernt).

Allgemein siedelten die Träger der Bandkeramischen Kultur in Gebieten mit besonders fruchtbarem Boden, vor allem auf Lössboden. Daneben spielten für die Siedlungsplatzwahl ein relativ warmes Klima und das Vorhandensein von Frischwasser in der Nähe eine Rolle.

 

Foto Archiv Halbedl
Foto Archiv Halbedl

 In der diesjährigen Kampagne (2021) wurde zuerst die geplante Grabungsfläche in das bestehende Gradnetz eingemessen. Dazu dienten vom Vermessungsamt festgelegte Punkte. Dann wurde auf der Grabungsfläche durch einen Bagger die Ackerkrume abgehoben. Durch Schnüre und Nägel wurden sodann sogenannte Quadranten angelegt (5 x 5 m angelegte Flächen). Anschließend wurde ein sogenanntes Planum angelegt. Dabei versucht man, durch Abkratzen der Erde mit Spachteln, Abziehern oder Hacken eine waagerechte Fläche zu erreichen. Bodenverfärbungen und Befunde sind dann besser zu erkennen. Dabei gemachte Funde kommen in den Fundeimer, besondere Funde in eine Fundtüte mit besonderer Fundnummer. Jeder Quadrant ist unterteilt in bestimmte Teile mit verschiedenen Fundnummern. Danach wird das Ganze fotografiert, sodann die Funde eingemessen und nivelliert (Feststellung der Höhe der Funde, Verfärbungen etc. auf Meereshöhe) und das Ganze im Maßstab 1 : 20 auf Millimeterpapier gezeichnet. Dabei wurden Zweiergruppen gebildet, von denen der eine misst und der andere zeichnet. Die Profile als die Grabungskantenränder werden auch fotografiert und gezeichnet. An diesen ist die Abfolge der Kulturschichten zu erkennen. Besondere Befunde werden geschnitten, d. h. in der Mitte des Befundes z. B. ein Pfostenloch oder mehrere Pfostenlöcher, wird tiefer gegangen, so dass ein Profil entsteht. Man kann so beispielsweise erkennen, welcher Befund älter oder jünger ist. Der ältere Befund geht tiefer als der jüngere.

 

Dann geht es ca. einen halben bis ganzen Spatenstich tiefer und das Ganze wird wiederholt. Das Grabungsgerät war in am Rande der Grabung aufgestellten Bauwagen untergebracht. Wasser erhielten wir vom nahegelegenen Kindergarten. Eine besondere Freude war der Besuch der sehr interessierten Kindergartenkinder, welche sich im Abraum schon als Archäologen betätigten und diesen nach Funden durchsuchten.

In der diesjährigen Kampagne kam als Besonderheit eine nichtneolithische Gebäudestruktur zutage. Wir danken Herrn Dr. Carsten Casselmann, dass auch ArchaeNova e. V. bei dieser Ausgrabung teilnehmen durfte, Oliver Memmel und Dr. Karl-Heinz Halbedl für die Fotos.

 

Foto Archiv Halbedl
Foto Archiv Halbedl

Text: Karl-Heinz Halbedl. Fotos: Oliver Memmel, Karl-Heinz Halbedl.

Seitenbearbeiter: Karl-Heinz Halbedl.