Am Samstag, den 25.09.2021, fand unser in Kooperation mit Forum Antike e. V. durchgeführter Ausflug zum Donnersberg (Rheinland-Pfalz) und zu einem nach den Befunden einer in Germersheim (Südpfalz) gefundenen keltischen Siedlung (zweite Hälfte 1. Jh. v. Chr.) rekonstruierten kleinen Keltendorf in Steinbach statt. Die Führungen vor Ort wurden von Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz (Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz) durchgeführt.
Donnersberg:
Wir trafen uns um 10.30 Uhr auf dem großen Parkplatz auf dem Donnersberg (Rheinland-Pfalz).
Nach der allgemeinen Begrüßung im Namen der Vereine ArchaeNova e. V. und Forum Antike e. V. durch Dr. Karl-Heinz Halbedl und der Vorstellung des Vereins ArchaeNova e. V. durch Dr. Christoph Gerber erfolgte eine allgemeine Einführung zum "keltischen Donnersberg" durch Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz (Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz).
Der heute ca. 687 m hohe, bewaldete Donnersberg ist in seinem Gipfelbereich plateauartig und besteht aus dem Vulkangestein Rhyolit (Quarzporphyr). Dieses harte Gestein ist für Steinmetze fast nicht bearbeitbar, aber es bricht "schieferartig in Blöcken", welche dann in der Regel zwei glatte "gegenüberliegende Seiten" besitzen. So konnten die Rhyolitsteine einst u. a. von den Kelten für Mauern verwendet werden. Die in den Rhyolitschichten des Donnersberges eingelagerten Kupfer- und Eisenerzgänge wurden wohl auch schon in keltischer Zeit abgebaut. Eindeutige Belege hierfür fehlen allerdings bis jetzt. Möglicherweise stand das spätkeltische Oppidum auf dem Donnersberg auch mit Eisenabbau in der Nachbarschaft in Beziehung. Die Wasserversorgung des Oppidums auf dem Donnersberg wurde wohl hauptsächlich durch zwei auf ihm entspringende Bäche, der Eschbach (Ostwerk) und der Königsbach (Westwerk) und mehrere kleine Tümpel gewährleistet.
Bislang konnten auf dem Donnersberg – was die Prähistorie und Frühgeschichte betrifft – neolithische (Steinbeile, möglicherweise auch Beile der Bandkeramischen Kultur (5300 – 4900 v. Chr. (Pfalz)/Keramik der Michelsberger Kultur (ca. 4400 – 3540 v. Chr.)), urnenfelderzeitliche (ca. 1300 – 800 v. Chr.), hallstättische (ca. 800 – 480 v. Chr./u. a. wohl sog. Schlackenwall) und latène-zeitliche (ca. 480 – 50 v. Chr.) Funde und Befunde nachgewiesen werden.
Die leider aus zeitlichen Gründen von uns nicht besuchte, sich innerhalb des Ostwerkes befindliche keltische Viereckschanze (Latène-Zeit) mit archäologisch belegten Innenbauten ist bislang die einzige nachgewiesene Viereckschanze, welche innerhalb eines Oppidums gefunden wurde. Viereckschanzen werden in der Wissenschaft entweder als Gutshöfe, als Kultstätten oder als eine Mischung aus beidem interpretiert. Sie sind bislang vor allem auf dem Gebiet des heutigen Bayern und Baden-Württembergs, aber auch im heutigen Frankreich nachgewiesen worden.
Oppidum:
Zwischen ca. 130 v. Chr. bis ca. 60/50 v. Chr. in der Spät-Laténezeit existierte – wie oben erwähnt - auf dem Donnersberg ein keltisches Oppidum ("Stadt") mit Pfostenschlitzmauern, eine der größten bislang gefundenen "spätkeltischen befestigten Siedlungen nördlich der Alpen" (ca. 240 ha). Dieser wohl einstige Hauptort zumindest eines Stammes (Zentrum der Umgebung des Donnersberges (Handel, Handwerk, Münzprägung)) bestand aus einem durch einen etwa in der Mitte verlaufenden Wall (Nord-Süd-Wall) abgetrennten sogenannten Ost- und Westwerk. Die vom bislang weitgehend fundleeren Westwerk eingeschlossene Fläche (ca. 100 ha) ist wegen ihrer Unebenheit als wenig siedlungsgeeignet einzuschätzen. Die Anlage ist wohl als ehemalige Fliehburg zu interpretieren. Seine Fläche könnte aber auch für Vieh und Ackerbau genutzt worden sein.
Das etliche Plateaus einschließende Ostwerk - aufgrund der dort gemachten Lesefundkonzentrationen als eigentliches Siedlungszentrum zu interpretiert – beinhaltet einen noch durch einen Zwischenwall abgetrennten Bereich (25 ha/Nordzipfel des Ostwerks) und den sogenannten „Schlackenwall“ (Reste einer Glasherstellung von etwas anderem?, Befestigung?). Vom Letzteren ist nur eine hufeisenförmige Anlage erhalten. Man unterscheidet 3 Phasen des Oppidums.
In Phase 1 wurden die Umfassungsmauern des Ost- und Westwerkes und die Zwischenmauer errichtet, in Phase 2 wurden Mauerteile ausgebessert und teilweise ersetzt und in der dritten Bauphase der Zwischenwall errichtet, welcher die Siedlungsfläche des Ostwerkes verkleinerte.
Aufgrund der für Ausgrabungen schwierigen Bodenverhältnisse auf dem Donnersberg (Rhyolith/inhomogene Bodenfärbung), der Erosion, des vieles zerstörenden neuzeitlichen Ackerbau bis ins 19. Jh. und der Grabungen erschwerenden Baumwurzelnetze im Boden konnten bisher „keine klaren Siedlungsstrukturen dokumentiert werden“ (Zeeb-Lanz). Zudem ist aufgrund des Rhyolitgesteins mit Großteils einstiger blockhausartiger Bauweise der Kelten auf dem Donnersberg zu rechnen. Letztere Bauweise hinterlässt im Boden kaum Spuren. Größere der einstigen Bevölkerung des Oppidums zuzurechnende Friedhöfe konnten bislang auch noch nicht nachgewiesen werden.
Teilweise sind die Wälle (Gesamtlänge 8,5 km) am Donnersberg noch bis in 2 m Höhe erhalten (einstige Mauerhöhe Ostwerk ca. 4 m/Westwerk ca. 2,5 m), wobei auch die Hangkanten der Bergkuppe als weiteres Hindernis für eventuelle Angreifer genutzt wurden, indem man die Mauern bis an die Abbruchkanten des Donnersbergs setzte (Kante eines ehemaligen Meeresriffes der einstigen vor Millionen Jahren existierenden Donnersberginsel (Bergspitze ragte aus dem Meer)). Insgesamt wurden für die Errichtung der Mauern ca. 10.000 Kubickmeter Steine verarbeitet.
Bislang wurden mehr als 200 keltische Münzen verschiedenster Provenienz (u. a. kelt. Münzen der Leuker, Remer und Sequaner), meist aus Potin, wenige aus Silber und aus Gold, und ein Fragment eines Münzstempels gefunden. Diese, allerdings oft nicht aus regulären Grabungen oder von nicht im Auftrage des Landesdenkmalamtes arbeitenden Sondengängern stammenden Münzen weisen auf weite Handelsbeziehungen hin. Unter den Funden (Keramik, Eisenmesser, Fibeln etc.) sind besonders ein unweit der Viereckschanze Anfang der 60iger Jahre gefundener, maskenverzierter Achsnagel (stabförmiger Eisenkern mit Bronzeaufsatz/Lesefund), Glasarmringfragmente, Scherben römischer Transportamphoren vom Typ Dressel 1B und ein 2003 gefundener figürlich verzierter bronzener Trinkhornendbeschlag hervorzuheben.
Die Aufgabe des Oppidums wird auf germanisches Vordringen (u. a. Raubzüge) zurückgeführt, welche dem Oppidum sein Hinterland und damit die wirtschaftliche Existenzgrundlage raubte. Dafür könnten in die zweite Hälfte des 1. Jh. V. Chr. zu datierende germanische Gräber sprechen, welche im Bereich des Donnersberges, genauer in Bischheim gefunden wurden. Auch könnte die immer größer werdende römische Bedrohung bei der Aufgabe eine Rolle gespielt haben. Bei Cäsar in seinem Werk „Commentarii de bello Gallico“ und anderen antiken Quellen wird jedenfalls der Donnersberg nicht erwähnt, was darauf deuten könnte, dass er zu Cäsars Zeit schon verlassen war. So ist auch der ehemalige Name des Oppidums auf dem Donnerberg unbekannt.
Die wissenschaftliche Erforschung des Donnersberg ist mit den Namen wie Friedrich Lehne (1835), Kurt Schuhmacher (1910 topographische Beschreibung), Friedrich Sprater (20iger Jahre), Kurt Bittel (Grabungsbericht über die erste Donnersberggrabung 1930), Heinz Joseph Engels (umfassende Ausgrabungen von 1974 – 1983 (Forschungsprojekt Keltischer Donnersberg) und Frau Andrea Zeeb-Lanz (Grabungen 2004, 2006, 2009 - 2011) verbunden.
Pfostenschlitzmauer:
Nach der Einführung am Parkplatz begaben wir uns zu einem 1:1 rekonstruierten Teil der Pfostenschlitzmauer (Blick zur Rheinseite) der südlichen Ringmauer mit einem davor (9 m Abstand) gelegenen als Annäherungshindernis in den Stein gehauenen Graben. Solche Gräben konnten bislang nur hier im südlichen Bereich der Ringmauer und vor dem Nord-Westtor nachgewiesen werden. An der Stelle der rekonstruierten Pfostenschlitzmauer konnten insgesamt drei voreinander gebaute Trockenmauern festgestellt werden. Der Name Pfostenschlitzmauern stammt von den vertikalen Aussparungen bzw. Schlitzen in der Außenfront der Mauer, in denen einst Holzpfosten standen.
Direkt hinter der Mauer aus Rhyolitsteinen und den Schlitzen für die Pfosten ist ein 6 bis 7 m breiter Wall aus Erde und Steinen angeschüttet mit einst teilweise die Steinmauer und Wall verbindenden im Wallkörper liegende hölzernen Querstreben. Diese waren sicherlich mit den senkrecht stehenden Pfosten der Trockenmauer (Pfostenschlitze) direkt verbunden, um diese zu stabilisieren. Wie allgemein die Brüstungen der Pfostenschlitzmauern aufgebaut waren, ist unsicher. Pfostenschlitzmauern sind im sogenannten keltischen Verbreitungsgebiet sowie in der Ukraine belegt. Ihre frühsten Nachweise stammen aus der Hügelgräberbronzezeit (ca. 1600 – 1400 v. Chr.).
Zangentor/Ludwigsturm/rekonstruierte Reste der Pfostenschlitzmauer des Mittelwalls:
Dann besichtigten wir die Reste eines der fünf auf dem Donnersberg sicher nachgewiesenen Zangentore (typische Torform der Kelten), machten Station am 1864 errichteten, nach König Ludwig II. von Bayern (1864 – 1886) benannten 27 m hohen Ludwigsturm, einem Aussichtsturm und besuchten dann rekonstruierte Reste der Pfostenschlitzmauer des Mittelwalls. Hier war allerdings die Pfostenschlitzmauer in der Form rekonstruiert, wie sie der Archäologe bei seinen Ausgrabungen vorfindet, also ohne Holzpfosten, da diese vergangen sind. An dieser Stelle konnte Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz erstmals horizontale Schlitze nachweisen, in denen einst Holzbretter waren, welche die senkrecht stehenden Holzpfosten in der Frontmauer miteinander verbanden und so die Mauer einst in ihrer Stabilität gegenüber Angriffen verstärkten. Normalerweise sind diese Horizontalschlitze durch das Herunterrutschen der darüber liegenden Steinen, wenn das Holz vergangen war, nicht zu sehen. Aber man kann solche einstigen Horizontalschlitze auch nach Herunterrutschen der darüber liegenden Steinreihen daran erkennen, dass die in die Horizontalschlitz gerutschten Steine sehr waagerecht nebeneinander liegen.
Mittagessen im Restaurant "Keltenhütte" auf dem Donnersberg:
Keltendorf Steinbach:
Danach ging es in das Keltendorf Steinbach, ein rekonstruiertes, mit einer Palisade umgebenes keltisches Gehöft mit Grubenhaus, Wohngebäuden auch für das Gesinde, Scheunen und Ställen, wobei die Balken bei einem Gebäude von in Steinbach Station machenden Zimmermännern auf der Walz mit dem Beil nachbearbeitet werden konnten, und so einen Eindruck gibt, wie die Balken in keltischer Zeit aussahen.
Die Rekonstruktion der Anlage erfolgte - wie erwähnt - nach einer in Germersheim (Südpfalz) gefundenen keltischen Siedlung (zweite Hälfte 1. Jh. v. Chr.). In Steinbach selbst konnten bislang keine keltische Hausgrundrisse nachgewiesen werden. In einem Haus wurde ein rekonstruiertes hallstattzeitliches Bett, rekonstruierte keltische Schilder und Waffen, Werkzeuge, Gewichts-webstühle und etliches mehr gezeigt.
Hier und in anderen Gebäuden können den Besuchern auch keltische Handwerkstechniken gezeigt werden. Nach Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz ist in dem keltischen Fachwerkhausbau eine Wurzel unseres mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fachwerkhausbaus zu sehen.
Café "Geg`nüber":
In einer auch als Stadtbücherei in Dannenfels genutzte Scheune im Café "Geg`nüber" ließen wir den Tag bei Kaffee und Kuchen ausklingen.
Wir danken Frau Dr. Andrea Zeeb-Lanz für ihre fachkundige Führung und Hilfe bei der Organisation, Herrn Dr. Christoph Gerber für die Vorstellung des Vereins und für Fotos, Herrn Michael Heierling für Fotos, Herrn Dr. Karl-Heinz Halbedl für Fotos und Organisation, dem Fremdenverkehrsbüro von Kirchheimbolanden für die Unterstützung (Informationsmaterial) und allen anderen, die zu dem Gelingen des Ausfluges beigetragen haben.
Text: Karl-Heinz Halbedl. Fotos: Andrea Zeeb-Lanz, Christoph Gerber, Karl-Heinz Halbedl.
Seitenbearbeiter: Karl-Heinz Halbedl.